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Sonntag, 2. September 2018

Der 41. Tag: 2. September 2018

Adorf - Markneukirchen - Klingenthal (Zwota)

Am Morgen beim Frühstück habe ich mit zwei Wanderern gesprochen, die auf dem Kammweg, der auch von Oberfranken bis zum Erzgebirge führt, unterwegs sind, allerdings in der anderen Richtung. Ich bin kurz auf die GG-Wanderung zu sprechen gekommen und der Mann suchte nach der Verbindung zwischen den Regionen, die ich durchwandere und dem GG. Tja, die einzige besondere Verbindung ist der Name des Wanderwegs "der deutschen Einheit".
Die Hotelchefin heißt mit Nachnamen Honecker und sie hat herausgefunden, dass ihre Vorfahren genau wie die von Erich aus der Nähe von Zürich stammten, wo es den Namen mit zwei g statt mir ck oft gegeben haben muss. Warum die Honeckers aber aus der Schweiz nach Deutschland ausgewandert sind, konnte sie mir nicht sagen. Wirtschaftsflüchtlinge?

Dann bin ich los und zum ersten Mal bei der Wanderung durch zwei Stunden andauernden Regen gelaufen. Meine Regenausrüstung erwies sich dabei als dysfunktional. Da werde ich wohl nochmal investieren müssen.
Der WDE verläuft in dieser Gegend manchmal auf sehr verschlungenen Pfaden und es fällt mir schwer nachzuvollziehen warum. So lässt er z.B. den Ort Markneukirchen knapp links liegen und ich habe mir die Freiheit genommen, einen Abstecher dorthin zu machen, um das Instrumentenbaumuseum zu besuchen.
Ich befinde mich nämlich gerade im so genannten Musikwinkel des Vogtlandes, einer Gegend, in der  schon seit dem 17. Jahrhundert Musikinstrumente hergestellt werden. Um 1900 war der Winkel mit die wichtigste handwerkliche Produktionsstätte weltweit und noch heute gibt es nirgendwo eine größere Dichte an Manufakturen für Geigen, Gitarren, Holzblasinstrumente, Mundharmonikas und Akkordeons.
Eine Verbindung zum GG könnte man über Art. 12 ziehen, der zusichert, dass " alle Deutschen Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei (..) wählen" können. Das war zu DDR Zeiten nicht garantiert.
Eine Rezitation habe ich am Museum nicht gemacht. Da hätte ich mich nur als Störenfried gefühlt.

Die Suche nach einem Kaffee in Markneukirchen blieb erfolglos, weil um die Mittagszeit alles geschlossen hatte und so habe ich mich wieder auf den Weg gemacht. Über Erlbach ging es in Richtung Klingenthal, ohne dass mir Plätze begegnet wären, die nach einer Rezitation riefen.
Bemerkenswert fand ich, dass auf einem ziemlich langen Wegstück (nach einem ähnlich langen Aufstieg) der Wald größtenteils eingezäunt war. Das macht man bekanntlich, um dem Entstehen eines Mischwaldes eine Chance zu geben, in dem man das Wild daran hindert, die leckeren jungen Triebe aufzufressen. Sowas sieht man überall in Deutschland, aber in der Ausdehnung wie hier waren sie für mich neu.

Der eingezäunte Wald liegt direkt an der tschechischen Grenze, und meine Assoziationen gingen zu den Zäunen, die dort jahrzehntelang standen und nicht das Wild, sondern die Menschen daran hinderten, auf die andere Seite zu kommen. Und wenn man dann auch noch ein Schild wie dieses in einem Vorgarten sieht, könnte man vermuten, dass es untergründig in dieser Gegend noch immer ein Faible für Begrenzungen gibt. Und schon ist ein Vorurteil geboren. Die wenigen Beobachtungen von mir reichen natürlich beileibe nicht aus für eine so allgemeine Schlussfolgerung.



Kurz danach begann der Abstieg nach Klingenthal, der genau auf der Grenze verläuft und auf dem man noch einige mittlerweile funktionslos gewordene Zaunpfähle aus anderen Zeiten sieht.
Die in Art. 11 garantierte Freizügigkeit (sic!) im ganzen Bundesgebiet ist ja faktisch auf die gesamte EU bzw. den Schengenraum ausgedehnt. Ich könnte einfach so über die Grenze nach Tschechien und dort weiterwandern. Das klingt in Klingenthal mit seiner Geschichte als Grenzort noch nicht so selbstverständlich wie anderswo.

In Klingenthal hatte ich zunächst das Gefühl, an einem sehr fremd wirkenden Ort angelangt zu sein. Ich habe mich auf die Suche nach einem Platz für die Rezitation gemacht und letztendlich entschieden, mich auf den großen Marktplatz zu stellen, der vor allem sehr leer wirkt. Es fällt überhaupt auf, dass die Dörfer und Stadte in der Gegend oft keinen richtigen Ortskern, der sich als Treff- und Verweilpunkt anbieten würde, aufweisen.

Auf diesem zu groß geratenen Marktplatz also fand die Rezitation (1x) des Tages um 16.45 Uhr statt.





Dann bin ich zum einzigen Hotel im Zentrum des Ortes um festzustellen, dass es heute ganz geschlossen ist. Das hat mich ratlos gemacht und nach verschiedenen gescheiterten Versuchen, telefonisch eine Unterkunft zu finden, bin ich in den Nachbarort Zwota gelaufen, wo ich im Gasthaus zum Walfisch untergekommen bin.
Hinter dem Namen verbirgt sich eine nette Geschichte, die zwar nichts mit dem GG zu tun hat, aber als erzähltes Fundstück hier einen Platz finden darf. Und zwar haben Ende des 18. Jahrhunderts Fährleute hier in einem Hammerwerk hergestellte Bleche bis nach Rotterdam geschifft bzw. gefahren und um den Leuten im Erzgebirge zu beweisen, dass es Fische gibt, die so groß sind, dass sogar ein Fuhrwerk durchfahren könnte, haben sie eines Tages die Rippe eines Walfisches mitgebracht, die im Ort aufgestellt wurde. Na ja, und so gab es dann bald auch ein Gasthaus zum Walfisch....

Fundstücke:

Fensterdeko:


Reminiszenz

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