Im Moment erlauben es die Entfernungen zwischen Köln und den Etappen meiner GG-Wanderung, Tagesausflüge zu machen, von denen ich am Abend wieder nach Hause fahre. Durch die verschiedenen äußeren und inneren Hemnisse der letzten Wochen habe ich diese Möglichkeit am Sonntag, 1. Oktober, nach einer ersten Tageswanderung im September, zum zweiten Mal genutzt.
Woran es am Ende lag, dass meine Wanderpläne für den Herbst relativ kläglich gescheitert sind, bzw. ob es dafür neben den "objektiven" Gründen wie Wetter und Malässen, auch innere Gründe gab, werde ich noch kontemplierend und/oder wandernd erkunden müssen.
Am Morgen ging es mit der Bahn nach Eitorf an die Sieg. Am Bahnhof in Köln liefen schon einige Marathonläufer und -besucher durch die Gegend. Sport taucht übrigens unter den Grundrechten des GG nicht auf.
In Eitorf bin ich direkt zum zentralen Platz gegangen und habe nach einem geeigneten Ort für die Rezitation gesucht. Das ist mir bislang noch nirgends so schwer gefallen wie dort. Gefunden habe ich am Markplatz einen Gedenkstein für die offenbar bei einem Bombenangriff ums Leben gekommenen Eitorfer Bürger. Dabei ist anscheinend auch ein Kirche zerstört worden. Das wäre jedenfalls eine Erklärung für die bemerkenswerte Jahresangabe 1170 - 1945.
Dort fand also um ca. 11.30 Uhr die erste Rezitation des Tages statt. Im Prinzip mit Blick auf einen großen Parkplatz. An diesem sehr öffentlichen Ort war das Gefühl, nicht gehört zu werden, besonders stark ausgeprägt. Öffentlichkeit und Ignoranz als Polarität, in die ich mich dort begeben habe.
Es gab nur einen Menschen, der von mir Notiz nahm und sich mir zugewandt hat. Der allerdings war offensichtlich geistig etwas verwirrt und hatte eigentlich vor, mir etwas zu erzählen. Ich habe ihn aber dazu gebracht, mir ein paar Minuten zuzuhören. Wer weiß, was bei ihm angekommen ist? Dann wendete er sich an zwei Leute, die vorbei kamen und denen er seine Geschichte aufbinden konnte.
Danach ging es mit einem Kaffee to go aus dem Café Goethe bei schönem Wetter und frischen Temperaturen los auf die Wanderung. Dabei gab es wenig Kontakt zu anderen Menschen, ein kurzer Wortwechsel in Herchen mit zwei osteuropäischen Männern, die dort am Bahnhof saßen.
Von Herchen ging es über die Höhe nach Dreisel und von dort nach einer kurzen Orientierungsschwäche wieder über die Höhe nach Mauel und nach Rosbach. Schon ab Eitorf habe ich für diese Wanderung den Wanderweg der Deutschen Einheit verlassen, der merkwürdigerweise nördlich der Sieg entlang führt, also den ganzen Natursteig Sieg ignoriert. Ich nehme an, Anfang der 90er Jahre, als der WDE ins Leben gerufen wurde, existierte der Sieg-Steig noch nicht.
In Rosbach musste ich ein wenig nach der Gedenkstätte für Landjuden suchen.
"Landjudentum" ist übrigens ein Begriff, der erst Ende des 20. Jahrhunderts geprägt wurde. Seit dem späten Mittelalter wohnten die meisten Juden in Deutschland nicht mehr in den Städten, aus denen sie in einer Vielzahl von Pogromen vertrieben worden waren, sondern auf dem Land. Um 1800 lebten 90% der Juden in Kleinstädten und Dörfern, aber beispielsweise nur ca. 300 Juden in Köln. Der Begriff der Landjuden wurde von Historikern geprägt, um dieses in der geschichtlichen Aufarbeitung stark vernachlässigte Kapitel ins Bewusstsein zu rücken.
Die Gedenkstätte in Rosbach ist ein kleines Haus, in dem die jüdische Familie Seligmann lange wohnte. Im Moment ist das Haus eine Baustelle und geschlossen. Im kleinen Vorgarten befinden sich ein Gedenkstein und eine Infotafel.
Dort fand um 17.45 Uhr die zweite Rezitation des Tages statt. Ein paar Leute kamen währendessen vorbei, einige grüßten freundlich, niemand blieb stehen.
Fundstücke:
ein Kommentar zu Artikel 3 GG ABS 2: Gleichberechtigung von Männern und Frauen?
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