Als ich heute um zehn Uhr am Adenauerhaus in Rhöndorf ankam, erwarteten mich zwei Kölner Freunde als moralische Unterstützung. Vor dem Wohnhaus, in dem Adenauer die letzten 30 Jahre seines Lebens wohnte, steht jetzt ein ziemlich großes Gebäude. Dort befindet sich ein Museum zu Leben und politischem Werk, das zum diesjährigen fünfzigsten Todestag des Altkanzlers erneuert und erweitert wurde.
In einem der Ausstellungsräume habe ich um 10.30 Uhr meine Rezitation gemacht, zwischendurch mit "Störungen" von Adenauers Stimme, die aus einem Lautsprecher immer dann ertönte, wenn man an einem Bildschirm vorbeiging, auf dem Adenauer bei Bundestagsreden zu sehen war.
In der Ausstellung fand sich die für uns völlig irrelevante Information, dass Adenauer während des ersten Weltkriegs die Sojawurst erfunden hat!
Wichtiger der Hinweis, dass er schon 1919 dafür plädierte, einen westdeutschen Staat unabhängig von Preußen zu schaffen. Das ist ihm 30 Jahre später unter ganz anderen politischen Umständen gelungen!
Danach ging es zum Café Profittlich und zu Kaffee und der zu Recht berühmten Sananischnitte.
Gespräch über die Diskrepanz zwischen den Grundrechten und der Realität, was uns einmal mehr zur Frage führte, um welche Art von Text es sich beim GG handelt. Meine momentane Lieblingsantwort lautet: um einen quasireligiösen Text, der als Grundlage für immer neue Interpretationen fungiert. Das GG entwirft ein Ethos, das von uns Bürgern immer wieder neu angeeignet werden muss.
Danach ging ich alleine ins Siebengebirge und auf den Ölberg.
Während der Wanderung ist mir eingefallen, dass mein Urgroßvater fast genau dieselben Lebensdaten hatte wie Adenauer: geb. 1876 und gestorben ein Jahr nach dem Kanzler 1968. Doch was für ein Unterschied im Leben. Mein Urgroßvater hatte wahrscheinich wenig Sympathien für die Demokratie und wäre mit Kaiser Wilhelm auch nach dem 1. Weltkrieg sehr zufrieden gewesen. Er war Tischler und Schreiner und hat nach einem Unfall, bei dem er von einem Wagen fiel, die letzten 30 Jahre seines Lebens mit (wahrscheinlich) einer Querschnittslähmung auf einem von ihm selbst gezimmerten Stuhl verbracht. Rollstühle gab es damals noch nicht auf Kassenrezept.
Ich kann mir aber vorstellen, dass er Adenauer gewählt hätte, wenn er zur Wahl hätte gehen können. (Keine Ahnung, ob es damals bereits die Möglichkeit der Briefwahl gab!)
Mit einigen Extrakurven bin ich abends in Uckerath gelandet.
Den Wanderweg der Deutschen Einheit habe ich erst kurz vor dem Ziel erreicht, nachdem ich in den vergangenen Tagen dauernd in mehr oder weniger großen Bögen um ihn herum geschlängelt bin.
Fundstücke:
eingelassen in eine Mauer irgendwo am Wegesrand hinter Rhöndorf
Eine etwas merkwürdige Anrufung der hl. Maria, gefunden unterhalb des Friedhofes in Rhöndorf, wo im übrigen Adenauer begraben liegt.
Ein ebenfalls etwas merkwürdiges Denkmal für die deutsche Einheit:
...die "Einheitsbäume", noch etwas unscheinbar.....
Lieber Herr Peters -
AntwortenLöschendas ist eine interessante Tour, die Sie da machen.
Wir sehen das Grundgesetz als höchst gefährdet an.
Und wollen dem entgegen wirken.
S. http://artikel20gg.de
Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, einmal in Kontakt zu kommen ...
Herzlichst, Ralph Boes