Medelon - Züschen - Burg Hessenstein
Die vergangenen Tage standen für mich sehr unter dem Thema der Grenze - Grenzen zwischen Stammes- und Herrschaftsbereichen, zwischen Konfessionen und Grenzen zwischen Sprachräumen. Und unter dem Thema der vielen oft gewalttätigen Grenzstreitigkeiten, unter denen das Hochsauerland offenbar über die Jahrhunderte so gelitten hat.
Heute habe ich dann die erste sozusagen offizielle Grenze meiner Wanderperformance überschritten, nämlich die von Nordrhein Westfalen nach Hessen.. Ohne den Übergang bemerkt zu haben. Der Grenzverlauf war bei Ronninghausen, wie ich im Nachhinein gesehen habe.
In Münden, dem ersten Ort auf hessischer Seite, habe ich dann eine Rezitation gemacht, um das Thema Grenze vorerst abzuschließen und vorher noch einmal zu betonen. In Ermangelung eines Dorfplatzes in Münden habe ich mich vor die Kirche gesetzt. Da es sich um ein evangelisches Gotteshaus handelte, kam keine Konkurrenz mit Fronleichnam auf.
Die 1. Rezitation des Tages fand also an der Marienkirche in Münden statt.
Während der Rezitation saßen in sicherer Entfernung (für mich? für sie?) ein paar Jugendliche auf der Mauer. Einer trug ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Wir sind die Macht"
Ich frage mich, ob der T-Shirt-Träger weiß, wie sehr er als Bürger damit recht hat: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Art. 20 GG.
Noch eine letzte Anekdote zur Grenze: Mir ist es gestern und heute nicht gelungen, im Sauerland eine Wanderkarte zu bekommen, die den Weg nach Hessen zeigt. Alle, die mir angeboten wurden, hörten an der Grenze auf!
Die Wegführung war heute im Vergleich zu den vergangenen Tagen nicht besonders ansprechend und vielleicht stand deshalb das Wandern oder das Ankommenwollen mehr in meinem Bewusstseinsvordergrund als sonst. (Außerdem war es sehr heiß und schwül...) Irgendwo auf dem Weg bekam ich einen Handyanruf aus der Jugendherberge Burg Hessenstein mit der Mitteilung, dass es noch ein Zimmer für mich gibt. Das hat mich etwas beflügelt und ich habe mir überlegt, auf der Burg, die zugleich ein freies Jugendbildungswerk ist, eine Rezitation zu machen.
Als ich von Donner begleitet in der Burg ankam, wurde in mir eine gedankliche Figur aktiviert, die schon gestern Abend und heute Morgen angesprungen war. Nach den ersten eigentlich sehr angenehmen Eindrücken - ich bekam das Behindertenzimmer als letztes freies Einzelzimmer und exklusiven Zugang zum Turmzimmer, wo es Fernseher und ein Bier gibt - war ich trotzdem überzeugt, eine Rezitation würde hier überhaupt nicht in den Rahmen passen. Während des Abendessens ging mir auf, dass sich da gerade etwas Seltsames in mir abspielt. Da hieß es mal wieder gegensteuern und so habe ich die zweite Rezitation des Tages um 18.45 h im Innenhof der Burg Hessenstein gemacht.
In Hörweite saßen zwei Frauen und zwei Männer von der großen Familiengruppe, die die Burg in Beschlag genommen hat. Zu Anfang hörten sie mit einem Ohr zu, dann kamen Kinder dazu und die Aufmerksamkeit verlagerte sich von mir weg. Meine Vermutung, dass die Rezitation nicht in den Rahmen passt, war also nicht ganz falsch. Aber das ist kein Grund, die Rezitation nicht zu machen. Wieder was gelernt.
Der Robert-Kolb-Weg (X6), dem ich durch das Hochsauerland gefolgt bin, kreuzte heute bzw. lief am Ende parallel zum X8, dem Barbarossa- Weg, der mich durch Hessen führen wird. Robert Kolb war Anfang des 20. Jahrhunderts "Hauptwegewart" des sauerländischen Geburtsvereins, von dem Ende des Jahrhunderts die Initiative für die Zusammenstellung des Wanderweges der Deutschen Einheit ausging.
Was Friedrich Barbarossa mit einem Wanderweg durch Hessen zu tun hat, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. (Wahrscheinlich hängt die Namensgebung mit der hessischen "Barbarossastadt" Gelnhausen zusammen.) Mit dem Wanderweg der deutschen Einheit kann man ihn in Zusammenhang bringen, weil sein Name mit dem eher unrühmlichen Mythos eines geeinten deutschen Reiches verbunden ist. Mit etwas Phantasie kann man auch eine Linie von ihm zum GG ziehen. Mit seiner Herrschaft im 12. Jahrhundert kam es offenbar zu einem Wechsel im allgemeinen Regierungsstil. Vorher galten Milde und Barmherzigkeit als höchste Tugenden des Regenten, Barbarossa wollte sich dagegen an der Gerechtigkeit orientieren. In dieser Tradition steht das Grundgesetz. Denn Gerechtigkeit eignet sich eher als Barmherzigkeit als allgemeine Rechtsnorm. Barmherzigkeit ist eine hohe Tugend von Menschen, die nicht rechtlich verbindlich gemacht werden kann.
Morgen früh geht es weiter in Richtung Bad Wildungen.....(dachte ich jedenfalls, aber das Wetter hat mir vorgeschlagen, einen Tag Pause einzulegen.....)
Fundstücke:
keine Skulptur (b)?
Wandern und Singen!
keine Skulptur (c)?
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