Die Anreise mit dem Zug verlief heute problem- und weitgehend ereignislos. Die Bahn war pünktlich und wir sind planmäßig um ca. 17h in Geising im Osterzgebirge angekommen. Das Wir braucht vielleicht eine kleine Erläuterung. Den größten Teil der GG-Wanderung bin ich alleine gelaufen. Nur auf den ersten Etappen durch die Eifel, am Rhein und einem Teil des Bergischen Landes hatte ich Begleitung. Und jetzt auf der finalen Etappe werde ich wieder gemeinsam mit anderen wandern. Zuerst mit Agnes, meiner Frau und künstlerischen Partnerin und später stoßen noch ein paar Freunde und Kolleginnen aus unserem Ensemble KörperSchafftKlang zu uns. Ich vermute, dass sich der Charakter der Wanderung dadurch für mich wieder verändern wird. Mal sehen, was passiert..
Die Fahrt habe ich dazu genutzt, mich innerlich auf die GG-Wanderung einzustimmen und mir zu vergegenwärtigen, was mein Anliegen ist. Dabei hat mir die Erinnerung an ein Gespräch geholfen, das ich vor kurzem mit einem Theologen geführt habe. Wir unterhielten uns über die GG-Wanderung und ich habe versucht, ihm zu erklären, was ich da eigentlich mache. Er hat dann mit seinem Vokabular zusammengefasst, was er verstanden hat: "Du bist also als Pilger unterwegs und nicht als Missionar." Damit hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich habe nicht die Absicht, für das GG zu missionieren. In meiner Wanderperformance geht es mir darum herauszufinden, wie sich durch das Wandern, das Treffen auf Orte und Menschen und die intensive Beschäftigung mit den Grundrechten des GG meine Verbindung zu dem Text und zu mir gestaltet. Wie immer in dieser Art von Kunst wird es am Ende kein "Ergebnis" geben, sondern die Wanderung mit allem was dazu gehört, inklusive dieses Blogs, ist zugleich Forschungsreise und Resultat.
Außerdem habe ich im Zug eine Beilage studiert, die Anfang Mai in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung lag und zum 70. Jahrestag des GG einige Artikel genauer betrachtet.
Die Lektüre hat mir die Gelegenheit geboten abzugleichen, ob ich mit meinen Kürzungen des Textes der Grundrechte, die ich fürs Auswendiglernen vorgenommen hatte, um Langatmigkeiten zu verhindern, noch einverstanden sein kann. Einige Kürzungen scheinen mir heute noch besser begründet als vor zwei Jahren, als ich viel weniger über das GG wusste als jetzt.
Z.B. in Artikel 16a: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. In der heutigen Fassung folgen danach sehr viele Einschränkungen dieses Artikels, die allesamt Anfang der 90er Jahre hinzugefügt wurden. Der ursprüngliche Text bestand nur aus dem einfachen Satz, den allein ich rezitiere. Das erscheint mir auch heute die richtige Entscheidung gewesen zu sein.
Bei anderen Artikeln bin ich mir nicht ganz so sicher. Im Artikel 13 (Die Wohnung ist unverletzlich.) habe ich den Zusatz zum Lauschangriff nicht mit in die Rezitation aufgenommen. Auch in Artikel 7 über das Schulwesen habe ich mich kurz gefasst. Aber damit kann ich leben.
Eine Kürzung, die ich heute nicht mehr machen würde, betrifft Artikel 14. Da habe ich Absatz 3 gestrichen, in dem es heißt u.a.: Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Mir schien der Absatz eine Doppelung zu Artikel 15, aber mittlerweile habe ich verstanden, dass die Sache komplizierter ist. Enteignungen sind nicht dasselbe wie Vergesellschaftungen, die Artikel 15 erlaubt, (Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung ... in Gemeineigentum ...überführt werden.). Anders als die Enteignungen aus Art. 14, sind die Vergesellschaftungen noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik geschehen.
Na ja, es geht hier nicht um ein juristisches Seminar zum GG, aber ich wollte es wenigsten mal gesagt haben.....
Fundstücke:
Wandmalerei in Geising
..... und das was du so für dich "tust" auf dieser Grundgesetz-Pilger-Wanderung und in diesem Blog mit deinen Lesern teilst, be-leuchtet auch für Andere gewisse Aspekte, regt uu eigenen Ueberlegungen an und wer weiss, was daraus wird. Vielleicht das eigentliche Resultat.
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