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Freitag, 17. Mai 2019

Der 57. Tag: 17. Mai 2019

Hohnstein - Neustadt (Polenz)

Der WDE führt von Hohnstein, wo wir die Nacht verbracht haben, ein gutes Stück lang über die Landstraße. Das wollten wir uns ersparen und wir sind stattdessen den Kälbersteig durch ein sehr schönes Tal mit maigrünen Buchenwälder gelaufen. Dadurch war der Begriff "idyllisch" von Beginn an in unserem aktiven Vokabular bereitgestellt und musste sich erst kurz vor Neustadt, unserem heutigen Ziel, in den Hintergrund verziehen.
Der größte Teil des Weges führte heute durch das Polenztal. Die Strecke war zwar nicht so spektakulär wie gestern, aber sie hatte alles zu bieten, was man sich von einer typischen deutschen Mittelgebirgslandschaft so wünscht: ein zwischen Plätschern und Rauschen variierender und mäandernder Bach, tief eingeschnittene Tallagen und weite saftig grüne Wiesen, weiche Waldwege und ein paar kurze Klettereinlagen.
Direkte Anregungen für die Beschäftigung mit dem GG waren am Wegesrand ebensowenig zu finden wie in unserem Geist, der sich in den Erholungsmodus verabschiedet hatte.
Auf einer in verschiedenen Grüntönen schimmernden Wiese fanden wir eine Bank, auf der wir die Mittagspause einlegten. Das Wetter war heute das erste Mal freundlich zu uns und so konnten wir es entspannt genießen, unseren Proviant aufzuessen. Irgendwann dachte ich, warum sollte ich nicht an dieser Stelle eine Rezitation der Grundrechte machen. Gedacht - getan. Aus dem einzigen Grund, weil es dort so schön war. Nach den relativ schweren Orten der vergangenen Tage schien es mir angemessen, an dem einfach nur schönen Ort
die erste Rezitation des Tages (1x) um 12.40 Uhr durchzuführen.

Es sollte die einzige bleiben.
Während des Rezitierens kamen sogar zwei andere Wanderer vorbei, die aber so in ihr Gespräch vertieft waren, dass sie mich und die Rezitation nicht wahrgenommen haben.

Danach ging es weiter durch die Mittelgebirgsidylle und erst ab dem Ort Polenz, der kurz vor Neustadt liegt, wurde der Weg weniger reizvoll. Neustadt ist seit längerem die erste kleine Stadt, durch die der WDE führt, die nicht touristisch aufgehübscht ist. Wir sind durch sehr weitläufige Wohnsiedlungen gelaufen, bevor wir die Tourist Info erreichten. Die sehr freundliche Frau dort konnte uns zu unserer Überraschung kein Zimmer mehr vermitteln, weil alles besetzt war. So mussten wir notgedrungen mit dem Bus zurück nach Polenz, wo wir im Gasthof Erbgericht unterkamen. Erbgericht? Genau. Im Erzgebirge war ich schon einmal in einem Gasthof mit diesem Namen.
Dieser hier ist ein sehr großes Gebäude aus dem Jahr 1898, zu groß, um gut bewirtschaftet zu werden, meinte die Chefin zu uns.
Als wir ankamen, war das Zimmer noch nicht fertig und wir mussten auf der riesigen Terrasse, auf die man von dem Zimmer aus kommt, warten bis alles sauber und bereitet war.
Haus und Zimmer versprühen den Charme der Vergangenheit, die versucht, den Kontakt mit der, Gegenwart nicht zu verlieren. Ist mir das so sympathisch, weil ich das Problem aus eigener Erfahrung kenne?
Das eigentliche Problem dahinter besteht darin, dass man im Hin und Her zwischen Vergangenheit und Gegenwart Gefahr läuft, sich selbst zu verlieren. Das scheint mir eine Gefahr, die auch das GG betrifft. Bestes Beispiel ist Art. 16a, der ursprünglich nur aus dem einfachen Satz bestand: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Die Aktualisierungen, die es dazu gegeben hat, sind nicht nur seitenlang, sie lesen sich auch als Verwässerung des ursprünglichen Artikels. Bei aller Notwendigkeit, das GG an die Gegenwart anzupassen, ist es wichtig darauf zu achten, die eigentliche Essenz nicht zu verlieren. Manchmal ist weniger mehr.

Wir haben am Abend gut gegessen und selbst das vegetarische Angebot war nicht nur überhaupt existent, sondern sogar geschmacklich absolut akzeptabel.


Fundstücke:

 nicht nur im Kloster beliebt...

 antikes Zeugnis der Telekommunikation (Torso)


natürliches Farbenspiel                                                         natürlicher Hunger

1 Kommentar:

  1. Sehr schöner Ort! Du scheinst so klein auf dieser grossen Wiese...
    Der Moment für ein Dankeschön für deine Berichte!

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